Eintracht Frankfurt: Die 2010er Jahre

Magische Spiele 2010er Jahre

34. Caio, Caio, Caio. 03.04.10, 1. BL. Saison 09/10, 1. BL., 29. Spieltag SGE-Bayer 3:2  

Mit einem 40-Meter-Traumtor gleicht der ansonsten weitgehend enttäuschende Millioneneinkauf Caio in der 62. Minute zum 2:2 gegen Bayer Leverkusen aus - Torwart Rene Adler ist absolut machtlos. Im Stadion schallt es „Caio, Caio, Caio“ von den Rängen – die Eintrachtfans sind begeistert von diesem Wahnsinnstor. Maik Franz besorgte dann noch mit einem herrlichen Fallrückzieher das 3:2 für die Eintracht. Der Brasilianer Caio zeigte leider unter Trainer Michael Skibbe nicht oft sein Können. Zum Start der Saison 2008/09 zog er Kritik auf sich, als er die Leistungstests zur Ermittlung der Laktat- und Fitnesswerte erheblich zu früh abbrechen musste. Auch den Laktattest zu Beginn der Winterpause der Saison 2008/09 bestand Caio wohl nicht. Caio konnte sich auf jeden Fall nicht richtig in die Bundesliga eingewöhnen. Er hatte allerdings immer wieder mal geniale Momente wie das Hammertor gegen Leverkusen. Später spielte er u.a. noch in Zürich, Haifa und Tel Aviv. Er gehört damit zu den talentierten Wandervögeln, die auch kurze Station in Frankfurt machten. Man fragt sich immer, ob die Spieler bewusst von Verein zu Verein ziehen wollen, oder ob die Berater aus Geldgründen für die vielen Vereinswechsel verantwortlich sind. Was wäre aus Caio geworden, wenn er mehrere Spielzeiten bei der Eintracht verbracht hätte? Vielleicht wäre er jetzt ein echtes Idol in der Mainstadt. Wie auch immer, obwohl Caio nur kurz bei der SGE kickte, bleibt er irgendwie in Erinnerung – und sei es nur wegen des Hammertors aus unmöglicher Entfernung.

 

35. V.I.P.-Ultras. 2011/12, 2. BL., 8. Spieltag, 16.09.2011, SGE-Rostock 4:1   

Ich bekam für dieses Spiel ein Ticket für die Buisness-Tribüne geschenkt und fuhr dekadent mit meinem alten Corsa in die Tiefgarage des Waldstadions und parkte zwischen einigen Luxuslimousinen. Beim Heimspiel der Eintracht beim Freitagabendspiel gegen Hansa Rostock kam es, vor Beginn der zweiten Halbzeit (die Rostocker Spieler waren schon auf dem Platz), zu einer Pyroshow der Rostocker Fans. Es wurden nicht nur Bengalische Feuer im Gästeblock gezündet, sondern zahlreiche Feuerwerkskörper auf das Spielfeld geschossen. Einige Business-Leute stürmten raus, um dieses Spektakel sich anzuschauen.

 

36. 2011/12, 2. BL., 27. Spieltag, 26.03.12, Union-SGE 0:4 Offiziell sind die Eintracht-Fans für dieses Auswärts-Spiel ausgesperrt. Trotzdem entwickelt sich eine sagenhafte Atmosphäre in der Alten Försterei. Ein friedliches Fußballfest mit angereisten Eintracht-Fans und solidarischen Union-Fans.

 

37. 2012/13, 1. BL., 34. Spieltag, 18.05.13, SGE-WOB 2:2 Der erfolgreichste Aufsteiger seit 15 Jahren: Die Eintracht zieht in die Europa League ein. Die Fans singen "Europacup in diesem Jahr" und feiern ein friedliches Fußballfest mit toller Choreo.

 

38. 23.05.2015, 34. Spieltag, 1. BL., Eintracht-Bayer 2:1   Der treue Alex

In der Saison 2014/15 degradierte Trainer Schaaf Fußball-Gott Alex Meier auf die Bank und zudem wurde Trapp als Kapitän vorgezogen. Meier eroberte sich gegen alle Widerstände in Laufe der Saison den Stammplatz zurück. Am Ende der Saison hatte der 32 Jahre alte Meier 19 Tore in 26 Spielen erzielt und wurde trotz einer langen Verletzung während der letzten Spiele der Saison Torschützenkönig. Diese Leistung war umso bemerkenswerter weil die Eintracht keine Spitzenmannschaft war und als Tabellenneunter trotzdem den besten Torschützen stellte. Die Spieler zeigten nach dem letzten Saisonspiel gegen Leverkusen ein Banner für den mit der Spielernummer 14 auflaufenden Alex Meier mit dem Text: „What if God was one of us? AM14“. Die Fans sangen dazu: „Er trifft mit dem Fuß, er trifft mit dem Kopf, er trifft, wie er will – sogar mit dem Zopf. Alex Meier, Fuß­ball­gott!“

Meier blieb dem Verein treu und wurde später wieder Kapitän. Doch im Mai 2018 gab die Vereinsführung bekannt, den zum 30. Juni 2018 auslaufenden Vertrag nicht verlängern zu wollen, so dass Meier nach 14 Jahren, 379 Pflichtspieleinsätzen mit 137 Toren aussortiert wurde. Er hatte in der Saison, nach einer Verletzung, nur einen Einsatz am vorletzten Spieltag, am 5. Mai 2018, gegen den Hamburger SV. Meier wurde in der 86. Minute eingewechselt und erzielte in der Nachspielzeit den 3:0-Endstand. Der zu diesem Zeitpunkt 35jährige Meier heuerte ein halbes Jahr später beim FC St. Pauli an und schoss in 16 Zweitligaeinsätzen 6 Tore.

Als Meier die Eintracht 2018 verlassen musste, gab es leider auch in einigen Eintracht-Foren Äußerungen von „Eintracht-Fans“, die es begrüßten, dass Meier den Verein verlassen müsse. Sicherlich hatte er ein gesegnetes Fußballalter erreicht, aber er hätte ob als Joker oder Stammspieler bestimmt noch das eine oder andere wichtige Tor erzielt. Ich fand es enttäuschend, dass ein Teil der Fanszene nicht für den Verbleib von Meier gekämpft hatte. Ein Spieler der immer alles für den Verein getan hatte, der hätte einen anderen Abgang verdient. Jetzt könnte man sagen, das ist halt das harte Profigeschäft. Doch wer will es einem Spieler verübeln, wenn er nur seinem Ego und dem Geld folgt und keine Vereinstreue zeigt? Vereinstreue wird nicht belohnt. Weder vom Verein noch von den Medien und oftmals noch nicht einmal von den Fans. Ein weiteres Beispiel gefällig? Der eigentlich verletzte Kapitän Amanatidis wird am 22.10.08 beim Bundesligaspiel gegen den KSC nach einer Stunde eingewechselt und stochert den Ball in der 90.+1. Min. zum 2:1 ins Netz und rettet damit wohl Funkel erstmal den Trainerjob. Amanatidis verletzt sich bei dieser Aktion und fällt danach mehrere Wochen aus. Einige Jahre später, 2011, löst die Eintracht den Vertrag mit dem leidenschaftlichen Kämpfer Amanatidis auf. Sang und klanglos wurde der verdiente Spieler aussortiert und musste den Verein verlassen.

Natürlich war es auch nicht richtig, dass Jones nach langer Verletzung (bei der die Eintracht die Stange hielt), als er dann wieder gesund wurde zur Saison 2007/08 nach Schalke wechselte. Ich weiß noch wie er als etatmäßiger Kapitän beim DFB-Pokalspiel gegen Köln im Dezember 2006 in der 110. Minute nach langer Verletzung mit Standing Ovations eingewechselt wurde. Gänsehautfeeling pur im Stadion. Die Fans wurden dann später mit dem Wechsel nach Schalke bitter von Jones enttäuscht.

Das Fazit von den Geschichten: Vereinsloyalität gibt es in der heutigen Zeit in der Regel nicht mehr. Weder von Spieler- noch von Vereinsseite. Fans, die sich beschweren, dass Spieler ihren Verein wechseln, sollten dabei auch immer an den Umgang mit verdienten Spielern wie Meier und Amanaditis denken.

 

39. 2015/16, 1. BL., 4. Spieltag, 12.09.15, SGE-Köln 6:2  Zu nah dran

Fünf Monate nach seiner Verletzung trifft Alex Meier - der Torschützenkönig der letzten Saison - gleich dreimal und feiert ein überragendes Comeback. Ich bin auch im Stadion und habe nun immer mehr auch beruflich mit der Eintracht zu tun. Ich komme auf Sponsorenempfänge und Spiele gegen Promimannschaften Fußball (Sobotzik feiner Kerl, sehr fair und nicht eingebildet), sitze ab und zu in der Loge (und sehe Fußballpromis) und bekomme Stadionführungen incl. Spielerkabinen und Pressekonferenzraum. Ich bin nah an der Eintracht dran. Zu nah vielleicht. Wenn einen Spieler Handshakes geben wird das ganze entmystifiziert. Ich muss sagen, um so ferner die Eintracht bei mir war (wie z. B. bei meinem Studium in Berlin), um so näher und intensiver habe ich die Eintracht verfolgt.

 

40. 2015/16, Relegation, SGE-1.FCN 1:1, 1.FCN-SGE 0:1 Nach einer furiosen Aufholjagd im Abstiegskampf rettet sich die SGE unter Trainer Niko Kovac in die Relegation und bleibt nach dem Rückspiel in Nürnberg durch den Siegtreffer von Seferovic in der 1. Liga.

 

41. 2016/17, DFB-Pokalendspiel, 27.05.17 in Berlin, Eintracht-BVB 1:2 Die Eintracht hat toll gekämpft, doch am Ende setzt sich der BVB durch. Die Eintracht-Fans zeigen vor dem Spiel eine tolle Choreo und feiern auf dem umgetauften Alexanderplatz - dem "Alex-Meier-Platz".

 

42. 19.05.18 DFB-Pokalendspiel Eintracht Frankfurt – Bayern München 3:1     „Der Allesfahrer“

Im 75. DFB-Pokal-Endspiel besiegte die Eintracht überraschend die hoch favorisierten Bayern mit 3:1. Die Eintracht gewann erstmals nach 30 Jahren wieder den DFB-Pokal. Legendär ist der Ausspruch „Bruda schlag den Ball lang“, den Rebic vor dem Spiel zu Kevin-Prince Boateng sagte. Und genauso kam es. Ante Rebic in der 11. und 82. Minute und Mijat Gavinovic in der Nachspielzeit besorgten die Tore für die Eintracht. Robert Lewandowski glich zwischenzeitlich in der 53. Minute zum 1:1 aus. Soviel zu den nüchternen Spieldaten. Knapp 75.000 Zuschauer verfolgten das Spiel im Berliner Olympiastadion und Millionen Fußballfans vor dem TV-Schirm. Ich gehörte zu den begeisterten Fernsehzuschauern, so wie die meisten Eintracht-Fans an diesem legendären Tag. Im gleichen Jahr gab es einen tragischen Trauerfall in der Familie und ich bemühte mich erst gar nicht eine Karte für das Endspiel zu ergattern. Aber ich wäre auch so nicht hingefahren. Ich hatte schon das DFB-Pokalendspiel 2006 der Eintracht gegen die Bayern im Berliner Olympiastadion gesehen und das damalige Match und die 1:0 Niederlage waren enttäuschend. Aber das soll natürlich keine Ausrede sein. Als eingefleischter Adler-Fan sollte ein Besuch des Endspiels natürlich Pflicht sein. Und mit diesem Endspiel hatte ich definitiv eines der größten Eintracht-Spiele der letzten Jahrzehnte vor Ort im Stadion verpasst.

Andererseits war es fast aussichtslos überhaupt an eine Karte zu kommen. Die Dauerkartenbesitzer und Allesfahrer hatten natürlich einen Vorzug beim Kartenverkauf. Wer zu jedem Grottenspiel fährt der sollte selbstverständlich auch einen Vorteil erhalten, wenn es zu solchen sportlichen Höhepunkten kommt. Oftmals fragte ich mich, wer diese Allesfahrer sind, die komplette Wochenende, Urlaube und hohe Kosten einsetzen, um jedes Spiel der Eintracht zu sehen. Diese Extrem-Kategorie von Fan wäre auch ohne Karte zum Endspiel nach Berlin gereist. Und es sind auch nicht immer die Wohlhabendsten, die keine Kosten und Mühen scheuen, um ihren Verein zu unterstützen. Im Gegenteil: Diese Fans setzen alles was sie haben, für ihren Verein ein. Ich war nie so ein Allesfahres und wenn, dann nur für kurze Zeit. Anfang der 2000er-Jahre fuhr ich von Berlin zu einigen „Allesfahrer“-Spielen, wie z. B. zu einem 2. Runde DFB-Pokalspiel gegen die Werder-Amateure, Mitten in der Woche, in Oberneuland bei Bremen. Aber da war ich noch Student und hatte noch viel Zeit.

Die große Zeit der Allesfahrer begann mit dem Aufkommen der Ultras-Kultur vor etwa 25 Jahren. Davor gab es nur ein kleines Häufchen Allesfahrer: Ein kleiner Kreis, bei dem jeder noch jeden kannte. Mittlerweile gibt es einige tausend Allesfahrer, die auch mit ihrer Präsenz, die legendären Europacup-Fahrten der letzten Jahre dominierten. Doch sind die Allesfahrer durch ihr grenzenloses Engagement die besseren Eintracht-Fans? Ich finde man sollte da keinen Unterschied machen. Es gibt unglaubliche Eintracht-Fans auf der ganzen Welt, die alles in Bewegung setzen, um ihren Verein im Fernsehen, im Internet oder in der Radiokonferenz zu verfolgen. Kinder, die Abendspiele heimlich auf dem Handy im Bett anschauen oder Rentner, die den ganzen Tag im Urlaub unruhig durch die Gegend laufen und auf das neueste Spielergebnis warten. Es gibt unfassbar viele Menschen, die die Eintracht im Herzen tragen und vielleicht nur wenige oder sogar gar kein Spiel im Stadion verfolgen, aber trotzdem an jedem Ort zu jeder Zeit, begierig jede News zur Eintracht aufsaugen. Die Leidenschaft und Bereitschaft der Allesfahrer ist sensationell und man kann davor nur seinen Hut ziehen. Doch es gibt keine besseren Fans. Alle Fans, die die Eintracht im Herzen tragen, sind die besten Fans. Es gibt geile Eintracht-Momente im Stadion, in der Kneipe, oder an irgendwelchen Orten am Ende der Welt. Ich glaube so sehen es auch die meisten Allesfahrer.

 

43. Freitag, 19.10.18 1. BL. 2018/19  8. Spieltag SGE- Fortuna Düsseldorf 7:1    Fünf auf einen Streich

Fünf Tore in einem Spiel – das schaffte ich zuletzt als Zwölfjähriger. So ähnlich wird es wohl Luka Jović gegangen sein, als er beim 7:1-Sieg der Eintracht gegen Fortuna Düsseldorf einen Fünferpack schaffte. In der Bundesliga übertraf dass nur Rekordhalter Dieter Müller, der 1977 bei einem Spiel seines  1. FC Köln gegen Werder Bremen gleich sechs Tore einnetzte. Der wuchtige und gleichzeitig elegante Edeltechniker Jović aus dem bosnischen Bijeljina gab bereits mit 16 Jahren sein Debüt in der Profimannschaft von Roter Stern Belgrad. Nach seinem Wechsel zum portugiesischen Rekordmeister Benfica Lissabon landete das talentierte Wunderkind zeitweise in der zweiten Mannschaft, eher er nach Frankfurt ging. Unter seinen Eintracht-Trainern Niko Kovac und Adi Hütter blühte der serbische Nationalspieler Jović sichtlich auf, reifte zum Weltklassestürmer und krönte seine herausragenden Leistungen mit diesen sagenhaften fünf Toren gegen Düsseldorf. Dieses 7:1 brachte dann für die Eintracht auch eine Initialzündung für den weiteren, erfolgreichen Verlauf der Saison. Zu Anfang der Saison hatte man nach einer 0:5 Niederlage im Supercup gegen Bayern und dem überraschenden Pokal-Aus beim Regionalligisten SSV Ulm einen unglücklichen Saisonstart erwischt – doch nun legten die Adler mit dem vierten Pflichtspielsieg in Folge eine erfolgreiche Serie hin und zeigten zudem auch in der Europa League tolle Leistungen. Die Düsseldorfer konnten einem fast schon Leid tun: Wie im Rausch wurden die Rheinländer an diesem Freitagabend demontiert. Nach dem Debakel rutschte die Fortuna auf den letzten Tabellenplatz. Trainerlegende Friedhelm Funkel hatte sich schon auf das Spiel an seiner alten Wirkungsstätte in Frankfurt gefreut. Doch nun als Fortuna-Coach gab es eine ordentliche Packung. Neben den Toren von Jović, trug sich Sébastien Haller auch noch mit einem Doppelpack in die Torschützenliste ein. Filip Kostić, Haller und Jović hatten sich an diesem besonderen Fußballabend allesamt die Note 1 verdient. Ante Rebic war für das Spiel gesperrt, sonst hätte er vielleicht auch noch zwei Tore beigesteuert. Die mehr als 51.000 Fans im Stadion waren auf jeden verzückt von dieser Galavorstellung der Mannschaft und dem spektakulären Torreigen von Jović. Kein anderer Frankfurter schoss je zuvor fünf Tore in einem Bundesligaspiel. Mit gerade mal 20 Jahren avancierte Jović zudem zum jüngsten Fünffach-Torschützen der Bundesliga-Geschichte. Ein Hauch von Messi, Ronaldo und Maradona wehte an diesem legendären Abend durch das von Flutlicht angestrahlte Stadion.

 

44. 2018/19, Europa League, Halbfinale, 09.05.19, Chelsea-SGE 4:3 (i.E.) Erstmals nach 39 Jahren stand die Eintracht wieder in einem europäischen Halbfinale. In Chelsea schafft die Eintracht im Rückspiel ein 1:1 und verliert in einem epischen Kampfspiel nach Verlängerung erst im Elfmeterschießen mit 4:3 in London. Zuvor setzte sich die SGE im Achtelfinale gegen Inter Mailand und im Viertelfinale gegen Benfica Lissabon durch.

 

45. 2019/20, 1. BL, 10. Spieltag, 02.11.19, SGE-Bayern 5:1 Nachdem bei den Bayern in der 1. Halbzeit Boateng die rote Karte sieht, hat die SGE kein Erbarmen und sorgt für ein Bayern-Debakel